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Der billigste Strom ist der, den man nicht verbraucht

Zu wissen, was wann wie viel Strom verbraucht, ist kein überflüssiges Insiderwissen, sondern bares Geld wert. Günther Obrist vom Feldthurner Elektrotechnikspezialisten Obrist GmbH erklärt daher, wie man den Stromverbrauch am besten im Auge behält.

Herr Obrist, Energie ist zu einem zentralen Kostenfaktor geworden. Sind sich Unternehmer denn im Klaren, wie sie die Energie in ihrem Unternehmen einsetzen?
Günther Obrist: Das hängt stark von der Branche ab. Große, energieintensive Produktionsbetriebe sind verpflichtet, den Verbrauch einzuschränken, analysieren ihn in Echtzeit über Monitoringsysteme und kennen daher die prozessbezogenen Energieflüsse genau. Für kleinere, mittelständische Betriebe gibt es diese Vorschriften nicht, das Thema Energie war für viele Betriebe bisher nur ein zweitrangiger Kostenfaktor und niemand hat sich detailliert mit dem Verbrauch für Strom, Gas, Wärme oder Druckluft beschäftigt.

Was bringt es für Vorteile, darüber Bescheid zu wissen, welche Prozesse wie viel an Energie verbrauchen?
Im Grunde behält eine prozessbezogene Energieüberwachung die Margen eines Unternehmens im Auge. Sie ermöglicht, die Energieflüsse in den Anlagen zu analysieren, sie dem aktuellen Energiemarkt und den Personalkosten gegenüberzustellen und mit Hilfe von künstlicher Intelligenz in Echtzeit darauf zu reagieren. Die Überwachung deckt also Optimierungspotentiale auf, dient entscheidungsunterstützend bei Investitionen und ermöglicht zielgerichtete, nachhaltige Maßnahmen.

Welche Monitoring-Systeme gibt es dafür und wie funktionieren sie?
Ein smartes Energiemonitoring bereitet die Daten der Produktion individuell auf und vergleicht den Energiebedarf mit dem Energiepreis am Markt. Es erstellt Berichte, Tabellen und Diagramme in Abhängigkeit verschiedener Faktoren, etwa von Uhrzeit, Energiepreisen, Produktionsstatus oder Personalkosten. Dies immer bezogen auf die einzelnen Prozesse, also nach Anlagen, Gebäuden, Geschossen. Je weiter man ins Detail gehen kann, umso besser die Überwachung. Die Daten kommen einerseits von den Messgeräten in den Verteilern, den Anlagen und den Bezugszählern der Versorger, die über Industrie 4.0 vernetzt sind und andererseits von Energiebörsen mit Echtzeitdaten. Daraus erstellen wir mit Hilfe moderner KI-Algorithmen Prozess-Kennzahlen und Sollwertlinien für die schnelle Bewertung. Weiters werden Lastspitzen und technische Probleme an den Anlagen aufgezeigt und Wartungsintervalle geregelt, Alarme bei Abweichungen ausgegeben und für die Kostenrechnung die Verbräuche den Kostenstellen zugeteilt.

Muss man Vor- und Fachwissen mitbringen oder versteht man den Output des Monitorings intuitiv?
Die Ergebnisse der Berichte sind intuitiv, da sie sehr individuell aufbereitet werden. Aus diesem Grund kann jeder mit technischem Grundlagenwissen damit arbeiten. Um Optimierungsmaßnahmen setzen zu können, benötigt es hingegen detailliertes spezifisches Prozesswissen und das Verständnis, was der Betrieb benötigt und worauf verzichtet werden kann. Für die laufende Überwachung empfehle ich, einen Energiebeauftragten zu ernennen, der laufend mit dem Monitoring arbeitet und auf Meldungen reagiert.

Das Monitoring liefert Ansätze zum Energiesparen. Welche Schritte müssen folgen, damit tatsächlich Energie eingespart werden kann?
Die Energieeinsparung ist ein laufender Prozess. Dabei werden Maßnahmen geplant, umgesetzt, überprüft und optimiert. Solche Maßnahmen sind zum Beispiel der Einbau von Wärmerückgewinnungsanlagen, der Austausch von Antrieben und Pumpen, die Beseitigung von Leckagen in Druckluftleitungen oder auch eine genauere Überwachung der bestehenden Anlagen. Aber auch einfache organisatorische Maßnahmen helfen, Energie zu sparen, etwa einheitliche Pausen für Mitarbeiter in der Produktion oder die zeitliche Verschiebung von Schichten.

Welches Einsparungspotential birgt das Energie-Monitoring? In Sachen Verbrauch und finanziell?
Dies hängt vor allem vom aktuellen Stand der verbauten Technik ab. Um ein einfaches Beispiel zu nennen, können Maßnahmen bei der Beleuchtung beachtliche Auswirkungen haben. Der Umstieg von traditioneller auf moderne LED-Technologie in Zusammenspiel mit einer intelligenten Steuerung kann eine Einsparung von ca. 60 Prozent bringen. Dies gilt auch für alle anderen Anlagen. Laut Studien der deutschen Energie-Agentur gibt es neben dem Einsparpotential von bis zu 60 Prozent bei Beleuchtungen auch eines von bis zu 30 Prozent bei der Wärmeversorgung, Kälte, Kühlung, Pumpen und Motoren, bis zu 50 Prozent bei Druckluft- und 25 Prozent bei Lüftungsanlagen.

Info

Günther Obrist

Günther Obrist, Diplomingenieur Jahrgang 1983, hat in Wien Produktions- und Automatisierungstechnik und berufsbegleitend in Bozen Wirtschaftswissenschaften und Betriebsführung studiert. 2013 hat er die Staatsprüfung zum Perito Industriale (Elektrotechnik & Automation) absolviert. Erste berufliche Erfahrungen hat Obrist 2005 bei Moeller Gebäudeautomation KG (heute EATON) in der F&E-Abteilung im Bereich der Geräteentwicklung für internetfähige Gebäudeautomation gesammelt. Nach seiner Rückkehr nach Südtirol hat er beim 360°-Elektrotechnikspezialisten seiner Eltern Obrist GmbH in Feldthurns in der technischen Detailplanung im Elektroanlagenbau angefangen, ist seit 2014 technischer Direktor und seit 2016 Teil der Geschäftsführung der Obrist GmbH.

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