Handelskammer Bozen
Melissa Fischer

Melissa Fischer

Frauen sollten das Fordern lernen
Datum:  März 2021

Melissa Fischer hat ihre Zelte öfters abgebrochen und wieder aufgebaut, Angst vor Neuem kennt sie nicht. Seit 13 Jahren leitet die viersprachige 45-Jährige die Marketing- und Personalabteilung eines führenden Leasingunternehmens in Bozen. Freiberuflich ist sie als Kommunikations-Trainerin und Coach tätig.

In Ihrem Freiberuf coachen Sie Führungskräfte. Was verlangt Führung?
Melissa Fischer: Führung braucht systemisches und vernetztes Denken. Dabei ist Authentizität notwendig. Wenn Vorgesetzte loben oder danken, muss das echt sein. Wertvolle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter möchten sich ihrem Betrieb zugehörig fühlen. Sie brauchen direkte Ansprechpartner und klare Informationen, Einsteigerinnen und Einsteiger gute Begleitung.

Warum mangelt es an weiblichen Führungskräften?
Es fehlen möglicherweise noch genügend Frauen, die sich trauen und keine Angst vor Angriffsfläche haben. In Führungspositionen muss man auch dünne Luft aushalten. Es läuft nicht immer wie geschmiert. Frauen werden außerdem Mütter und übernehmen in der Familie meist die Betreuung der Kinder. Nicht alle schaffen es, Karriere und Kinder zu verbinden. In Betrieben werden Führungskräfte gern mit einer Vollzeit-Arbeitsstelle gesehen.

Wie entwickeln sich junge Frauen zu Führungskräften?
Ich kenne durchwegs mutige junge Frauen. Sie sind risikofreudig und sagen, was sie denken, sind kompetent und ehrgeizig. Die Frage ist, wie sie den Spagat schaffen, wenn sie Mütter werden und ob sie unterstützt werden. Bis dahin sind die Frauen als Führungskräfte jedenfalls akzeptiert, danach kann es schwierig werden.

Wo haben Frauen Nachholbedarf?
Im Selbstbewusstsein. Frauen sind oft ängstlich, zeigen sich demütig und als Bittstellerinnen. Wir sind keine schlechten Mütter, wenn wir Kinder in der Kita abgeben. Wir brauchen Betreuungsplätze und es braucht Betreuungsgelder. Vaterschaft wird in Südtirol oft noch belächelt. Wir brauchen flexible Arbeitgeber, die Mütter und Väter in ihren Bedürfnissen unterstützen. Das hat sich beispielsweise in Schweden, dem Heimatland meiner Mutter, längst durchgesetzt und bewährt.

Was brauchen Frauen also?
Es geht beim Führen um Kompetenz. Diese Kompetenz haben Frauen genauso wie Männer. Meine Wahrnehmung ist, dass sich leider weniger Frauen um Führungspositionen bewerben. Frauen brauchen unterstützende Netze. Heute studieren mehr Frauen als Männer. Wenn Frauen in Teilzeit arbeiten, leisten sie oft mehr als Menschen, die in Vollzeit arbeiten. Trotzdem fragen Frauen seltener um Lohnerhöhungen. Frauen sollten das Fordern lernen, Dinge auf die Metaebene bringen und nicht persönlich nehmen.

Was ist für Ihr berufliches Weiterkommen als Coach notwendig?
Es ist mir wichtig, mich ständig auszutauschen, mich weiterzuentwickeln und selbst gecoacht zu werden. Wir Coaches müssen nicht alles wissen. Glaubenssätze wie „Ich kann das nicht“ bringen nicht weiter. Wir lernen mit und von unseren Klientinnen und Klienten und wachsen in unsere Rollen hinein.

Wie hat sich die Pandemie auf Ihr Leben ausgewirkt?
Als arbeitende Mutter hatte ich meine Herausforderungen – wie viele Frauen in dieser Zeit. Leider bestätigt sich in der Pandemie, dass Politik und Verwaltung noch einen weiten Weg vor sich haben, um Unternehmerinnen und Familien bedarfsgerecht zu unterstützen, auch Familien, in denen beide Elternteile beruflich beschäftigt sind. Es braucht finanzielle Absicherung und Betreuungsangebote für Kinder.

Zur Person

Melissa Fischer wurde 1975 in Thailand geboren, wo ihr Vater, ein Österreicher, in einem Pharmakonzern arbeitete. Ihre Mutter stammt aus Schweden. Im Alter von vier bis sieben Jahren besuchte Melissa Fischer die Grundschule in London, lebte danach mit ihren Eltern zehn Jahre lang in Lissabon und maturierte dort. Sie studierte in Innsbruck und schloss am Fremdenverkehrskolleg ab, arbeitete danach zwei Jahre im Kongressmanagement in Basel. Die Liebe hat sie nach Südtirol gebracht, wo sie seit 22 Jahren lebt. Sie hat sich hier zur NLP-Trainerin ausbilden lassen. Melissa Fischer spricht Portugiesisch, Deutsch, Englisch und Italienisch, entspannt bei Wellness- Auszeiten, beim Austausch mit anderen und beim Zirkeltraining. Sie hat einen jüngeren und einen älteren Bruder und ist Mutter eines siebenjährigen Sohnes.

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